In diesem Artikel möchte ich darauf eingehen, warum es Customer Experience Management (CEM) braucht, was der Unterschied zwischen CEM und Customer Relationship Management (CRM) ist, und welche Chancen sich durch Customer Experience Management bieten.

kundenbrille bild

Customer Experience Management ist eine Denkhaltung, eine Vorgehensweise für Projektteams und ein unterstützendes Set bestehend aus Werkzeugen.

Mit der Brille der Kunden sehen

  • Wir tauchen ein in die Welt unserer Kunden – durch Beobachtungen, Interviews und Selbsterfahrungen.
  • Wir fokussieren auf primäre Zielgruppen und schälen ihre zentralen Bedürfnisse heraus.
  • Wir denken in Möglichkeiten, schaffen laufend neue Ideen und differenzieren uns damit.
  • Wir machen Ideen sichtbar und bauen auf die Stärken unserer Unternehmung.
  • Wir testen und verbessern unsere Produkte und Dienstleistungen mit dem Blick durch die Brille unserer Kunden.

Kundenerlebnisse aktiv gestalten und steuern

Positive Erlebnisse sind der Schlüssel für langfristige und gewinnbringende Kundenbeziehungen. Die Herausforderung bei der Gestaltung von Kundenerlebnissen sind die unzähligen Kontaktpunkte sowie unterschiedliche Erwartungen und Bedürfnisse der Kunden. Vergleicht man die Definition der Marketingkonzeption mit der Definition des Customer Experience Management fällt auf, dass beide Ansätze ein sehr weites Anwendungsgebiet umfassen. Während sich die Marketingkonzeption als ganzheitlicher Handlungsplan definiert, ist CEM weniger ein Handlungsplan als vielmehr eine Vorgehensweise, deren Aktivitäten die Bedürfnisse des Kunden vorgeben.

Warum braucht es Customer Experience Management?

Früher sah der Kunde eine Werbung und suchte im Idealfall das Verkaufsgeschäft auf. Heute begegnet er dem Unternehmen an unzähligen Orten. Seine Erwartungen bei all diesen Kontaktpunkten (auch Touchpoints) zu erfüllen, fordern Unternehmen in existentieller Form heraus. Es genügt nicht mehr, einfach gute Produkte und Services zu bieten. Der Kunde will mit seinen Bedürfnissen erkannt werden und ist auch bereit, für positive Erlebnisse und Erfahrungen mehr zu bezahlen.

Abbildung: Ziel ist es, die Kunden in den Loyalitätskreislauf zu steuern und darin zu halten, um den Customer Lifetime Value zu maximieren. Quelle: Stimmt AG, adaptiert nach McKinsey & Company (2009)

Die Unterschiede zwischen CEM und CRM

Im Rahmen von Customer-Relationship-Management, kurz CRM, betrachtet das Unternehmen den Kunden aus seiner Sicht und steuert so die Kundenbeziehungen. CEM hingegen untersucht die Erfahrungen der Kunden und agiert aus Kundensicht. Es gilt, die subjektiven Wünsche in Bezug auf das Unternehmen und das Leistungsangebot (Produkte, Zusatzleistungen und Lösungen) zu erfassen und zu analysieren. Mit diesem Wissen können positive Kundenerfahrungen kreiert werden.

Das Kundenerlebnis wird zum primären Produkt

  • Rohstoffe: zahlende Kunden
  • Produkte: zufriedene Kunden
  • Dienstleistungen: loyale Kunden
  • Erlebnisse: begeistere Kunden

Kundenerlebnisse haben einen Wert

Abstufung

  • Commodity: Kundenbedürfnisse irrelevant
  • Produkt mit Differenzierung
  • Service und nahe Zusatzleistung
  • Kundenerlebnis: Von der Dienstleistungs- zur Erlebniswirtschaft

Welche anderen Beispiele gibt es noch, ausser Starbucks?

Ich kenne kein anderes Beispiel, mit dem sich das Thema branchenübergreifend so gut erklären lässt. Sinn und Zweck dieser Visualisierung ist, die vier Stufen auf die eigenen Realitäten zu übertragen. Für mich persönlich ist Starbucks nicht die Vollendung der Kundenzentrierung (u. a. bedingt durch mein subjektives Empfinden eines schlechten Preis-/Leistungsverhältnisses). In meiner Wahrnehmung gute Beispiel sind: E-Finance von PostFinance, Swisscom Shops, Swisscom inOne, SBB App, Globus Magazine oder Singapore Airlines.

Folgerungen

  • Eine dauerhafte Kundenbeziehung erfordert mehr als innovative Produkte und wettbewerbsfähige Preise.
  • Es braucht echte Kundenbegeisterung.
  • Zunehmend wird das umfassende Kundenerlebnis zur Grundlage für eine nachhaltige Kundenbindung.
  • Das Kundenerlebnis setzt sich aus dem Kommunikations-, Kauf- und Gebrauchserlebnis (auch Nutzungserlebnis) zusammen.

Chancen von Customer Experience Management

Passende Angebote

CEM ermöglicht, mehr über Bedürfnisse, Wünsche und Verhalten der Kunden zu erfahren. Kunden können besser segmentiert werden. So lassen sich passende Kampagnen, Produkt- oder Serviceangebote entwickeln.

Differenzierung

Wer positive Erfahrungen kreiert, wird einzigartig. Denn Kundenwissen, guter Service und massgeschneiderte Angebote lassen sich nicht kopieren, sondern nur selber erarbeiten.

Empfehlung

Begeisterte Kunden empfehlen das Unternehmen weiter, liken, teilen, machen positive Kommentare. Sie wirken als Multiplikatoren und tragen die Botschaften der Marke weiter. Dies wirkt sich positiv auf Image und Erfolg aus.

Erkenntnisse

  • Die CEM-Denkhaltung verankert sich nicht von heute auf morgen. Die Kundenbrille muss immer wieder bewusst «aufgesetzt» werden, bis sie im Projekt- und Arbeitsalltag einfach dazu gehört.
  • Es ist nicht immer einfach, «die Kundin» oder «den Kunden» direkt um ihre/seine Meinung zu bitten. Auf diese vereinfachte Art gibt es «die Kundin» oder «den Kunden» gar nicht.
  • Ob Marktmanager, ob Produktmanager, ob Product Owner: Sie alle müssen den Alltag ihrer Kunden besser verstehen. Vor der Nutzung, während der Nutzung, nach der Nutzung einer ihrer Dienstleistungen oder Produkte.
  • CEM lässt sich nicht kopieren. Jede Customer Journey muss neu begangen und durchdacht werden.
  • Was innen (im Unternehmen) geschieht, ist auch aussen (beim Kunden) spürbar. Die Kernfrage lautet demnach: Was soll man aussen spüren?
  • Keine vorschnellen Schlüsse ziehen. CEM ist ein schrittweises Vorgehen, das Zeit und den Blick fürs Detail voraussetzt. Experimentieren ist ein Teil auf dem Weg zum Ziel.
  • Interdisziplinär zusammengesetzte Teams sind erfolgreicher, da durch unterschiedliche Sichtweisen viele Ideen zusammenkommen.
  • Teilen von Erfahrungen und Informationen ist zentral – durch Austausch werden neue Ideen generiert.

CEM muss von der Führung gewollt und (vor-)gelebt, in Mitarbeiterziele übersetzt und in der Kultur des jeweiligen Unternehmens verankert werden.

Learnings

  • CEM unterstützt den Teamgedanken und regt zur Arbeit in interdisziplinären Teams an.
  • CEM beschreibt ein systematisches Vorgehen zur Integration der Kundensicht.
  • CEM heisst nicht Zusatzaufwand, sondern bedeutet eine andere Herangehensweise.
  • CEM bietet Hilfsmittel, um die Outside-in-Sicht noch konsequenter zu berücksichtigen.

Dieser Artikel wurde ursprünglich auf LinkedIn veröffentlicht.

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