Inhaltsverzeichnis:
- Was ist eine Persona?
- Wozu brauchst du Personas?
- Wie erstellt man eine Persona?
- Daten für perfekte Personas erheben
- Personas formulieren & gestalten
- Wie kannst du Personas im Arbeitsalltag nutzen?
- Was können Personas nicht leisten?
- Fazit: Personas sind wunderbar, wenn man sie wissenschaftlich macht
Definition von Personas
Eine Persona ist eine fiktive Personenbeschreibung, die aber dennoch realistisch ist. Fiktiv und realistisch – das muss kein Widerspruch sein:
Fiktiv bedeutet, dass du nicht etwa einen echten Vertreter deiner Zielgruppe beschreibst, den du vielleicht kennst. Vielmehr erfindest du eine Person, die es nicht gibt. Diese vereint wichtige Eigenschaften mehrerer Vertreter deiner Zielgruppe in sich.
Dabei solltest du aber realistisch bleiben. Die Person, die du beschreibst, sollte es so geben können. Die Persona erhält also einen Namen, ein Alter, ein Geschlecht, sie bekommt Familie, einen Job, Vorlieben und Angewohnheiten und vieles mehr.
Wozu du Personas erstellen solltest
Personas sind eine Methode, um „die Kunden“ oder „die Nutzer“ konkret zu machen. Sie bekommen einen Namen und ein Gesicht.
Personas werden seit knapp 20 Jahren vor allem in der User Experience eingesetzt. Vermehrt greifen auch die Kollegen aus dem Marketing darauf zurück. Personas haben den Vorteil, dass man einen Menschen vor Augen hat, für den man konzipiert, gestaltet und entwickelt. Somit wird das Endprodukt für den Menschen auch nutzbar und kaufenswert.
Wie erstellt man eine Persona?
Wie oben bereits erwähnt, sind Personas fiktiv. Daher rührt ein weit verbreiteter Irrtum: Viele meinen, Personas würde man erfinden. Das stimmt aber nicht.
Zwar denkst du dir aus, wie die Persona konkret aussieht, welche Eigenschaften sie hat, welchen Namen sie trägt und was ihr wichtig ist. Aber das denkst du dir nicht einfach so aus, wie es dir gerade in den Sinn kommt. Und auch nicht so, wie du es vielleicht gerne hättest.
Denn die Basis für gute Personas sind immer Daten – Daten und Erkenntnisse über deine Nutzer. Über die Menschen, für die du Produkte entwickeln möchtest.
Damit du realistische Personas erstellst, hier mein Tipp zum Vorgehen. Der ideale Prozess beim Erstellen von Personas gliedert sich in zwei Teile:
- Datenerhebung
- Die eigentliche Formulierung und Gestaltung der Personas
Daten für perfekte Personas erheben
Zunächst also zu Schritt I, der Datenerhebung. Bei diesem Schritt gehst du am besten wie folgt vor:
- Marktrecherche, Analyse von Statistiken und Durchführen von Umfragen
- Nutzer-Interviews, Fokusgruppen, Contextual Inquiries
- Infos sammeln und Hypothesen generieren
- Hypothesen per Umfrage validieren
Das ist das mustergültige Vorgehen und ich kenne nur wenige, die das wirklich immer so umsetzen. Später gebe ich dir noch einige Tipps dazu, wie du das mit weniger Aufwand hinbekommst und wann du auf was möglicherweise verzichten kannst. Schauen wir uns aber erstmal an, warum diese fünf Schritte sinnvoll sind:
1) Marktrecherche, Analyse von Statistiken, Durchführen von Umfragen
Diesen Schritt brauchst du immer und es gibt keine Ausreden, ihn zu überspringen. Du machst dich dabei mit dem Umfeld vertraut. Du siehst, welche Anwendungen/Produkte/Systeme deine (potenziellen) Nutzer bereits verwenden. In welcher Branche sie unterwegs sind, was dort diskutiert wird. Und was andere bereits über die Nutzer in Erfahrung gebracht haben.
Über Endkunden/Verbraucher finden sich unzählige Informationen im Internet. Hilfreich sind immer statista.com, ARD/ZDF-Onlinestudie, W3B-Studie oder die statistischen Ämter von Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Hast du Unternehmenskunden (Business-to-Business, B2B) als Zielgruppe, dann musst du ein bisschen länger nach Informationen suchen. Aber auch hier finden sich viele Hinweise im Netz, etwa in Foren auf XING oder LinkedIn.
Wenn du das Gefühl hast, dass du noch immer nicht genug weißt, dann sind eigene Umfragen sinnvoll. Für gute Umfragen brauchst du Experten – oder Expertenwissen. Denn einfach mal ein paar Fragen zusammenstellen und diese dann auf deine Zielgruppe loszulassen, bringt wenig. Fragebögen zu gestalten und Umfragen auszuwerten, ist eine Wissenschaft für sich. Bleib also bescheiden und fange am besten mit ganz wenigen Fragen an, wenn du hier noch keine Erfahrung hast.
2) Nutzer-Interviews, Fokusgruppen, Contextual Inquiries
Schritt zwei ist dagegen eine Sache, die jeder bewältigen kann. Ich empfehle sogar, möglichst viele Personen aus dem Team einzubeziehen. Denn es bringt immer enorm viel, mit Nutzern zu sprechen. Und oftmals bekommt man im persönlichen Kontakt neben den reinen Fakten noch viel mehr mit, weshalb sich das Gespräch lohnt: Man sieht, wie die Nutzer arbeiten oder leben, wie sie sich geben, wie sie reagieren, wie sie wirken. Damit erhaltet ihr ein Gespür dafür, mit wem ihr es zu tun habt.
Bei Interviews sprichst du einfach mit den Nutzern. Befragst sie über ihr Leben, über ihre Arbeit. Über den Bereich, der dich im Hinblick auf dein Produkt interessiert. Stelle den Nutzern aber am besten keine direkten Fragen zum Produkt. Stelle ihnen nichts vor, keine Ideen, keine Screens, keine Präsentationen oder Prototypen. Finde erstmal nur heraus, was sie derzeit tun und welche Probleme sie haben.
Bei Fokusgruppen sprichst du nicht nur mit einer Person, sondern mit 5 bis 10. Dabei kommen sie miteinander ins Gespräch und es entstehen interessante Diskussionen – und manchmal sogar nützliche Ideen.
Die so genannte Contextual Inquiry ist sozusagen ein Hausbesuch. Du besuchst die Nutzer zuhause bzw. an ihrem Arbeitsplatz und lässt dir zeigen, wie sie derzeit arbeiten. Planst du z. B. eine App für die Zeiterfassung von Mitarbeitern, dann gehst du zu diesen ins Büro und bittest sie, dir vorzuführen, wie sie ihre Arbeitszeit aktuell erfassen. Du siehst, ob sie eine andere App oder ein Web-Formular verwenden, und du kannst feststellen, ob Zettel, Post-Its oder andere Dinge zur Anwendung kommen. Solch eine Contextual Inquiry hat viele Namen bzw. Varianten; so begegnet man häufig auch den Begriffen Kontextanalyse, teilnehmende Beobachtung oder ethnografische Studie.
3) Infos sammeln und Hypothesen generieren
Im nächsten Schritt sichtest du deine Erkenntnisse aus Schritt 1 und 2. Du suchst Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Nutzern. Ergibt sich ein klares Bild? Kannst du dir alle gefundenen Unterschiede erklären?
Davon ausgehend formulierst du Hypothesen. Bei unserem Zeiterfassungsbeispiel könntest du beispielsweise folgende Hypothesen aufstellen:
- Mitarbeiter finden es lästig, ihre Zeiten aufzuschreiben.
- Derzeit erfassen sie ihre Stunden nur einmal pro Woche.
- Sie sind während des Arbeitstags zu beschäftigt, um Zeiten zu notieren.
- Sie können mit Excel und Word gut umgehen.
- Sie sind gegenüber technischen Neuerungen offen.
- Sie arbeiten 90 % ihrer Zeit im Büro.
Dabei kannst du auch Hypothesen aufstellen, die sich widersprechen. Denn es ist ja möglich, dass du mehrere unterschiedliche Zielgruppen beobachtet hast. Also z. B. eine Zielgruppe, die technische Neuerungen begrüßt, und eine, welche hier sehr kritisch ist.
Deine Hypothesen sollten sich auf Beobachtungen oder Erkenntnisse stützen. Hast du Hypothesen nur aus deinem Bauchgefühl heraus formuliert, dann ist der nächste Schritt besonders wichtig für dich:
4) Hypothesen überprüfen
Im Idealfall stellst du deine Hypothesen am Ende nochmal auf den Prüfstand. Du führst also zusätzlich eine quantitative Studie durch – etwa eine Umfrage. Das heißt, dass du die Erkenntnisse aus deinen qualitativen Untersuchungen mittels quantitativer Methoden überprüfst.
Dazu brauchst du eine größere Menge von Personen – unter 100 Teilnehmern bekommst du kaum statistisch aussagekräftige Ergebnisse. Am einfachsten rekrutierst du diese Teilnehmer über deine Website. In diesem Fall musst du jedoch im Hinterkopf behalten, dass du damit nur Kunden und Interessenten heranziehst – keine Personen, die deine Website nicht kennen.
Ist solch eine Studie aus Zeit- oder Kostengründen nicht drin, überprüfe deine Hypothesen zumindest, indem du noch mal einige Gespräche mit potenziellen Nutzern führst. Dabei kannst du viel gezielter nachfragen als bei deinen ersten Interviews, in denen du noch ganz im Sammler-Modus warst.
In Bezug auf das Vorgehen wäre auch denkbar, in Schritt 2 mit eigenen Umfragen zu starten, die Ergebnisse aufzubereiten und mit einer Cluster-Analyse die wichtigsten Gruppen zu identifizieren. Danach führst du qualitative Interviews, um die Erkenntnisse aus den Umfragen inhaltlich zu überprüfen.
Personas formulieren & gestalten – mit Persona-Vorlage zum Download
Der Entstehungsprozess von Personas birgt eine große Chance: Deine Personas werden viel, viel besser, wenn du sie nicht im Alleingang erstellst. Im Team erzielt man bessere Ergebnisse. Vor allem, wenn es dir gelingt, alle zu versammeln, die Wissen über eure bestehenden Kunden und über eure Wunschkunden haben.
Also neben den Chefs, Produktverantwortlichen, Grafikern und Programmierern z. B. auch die Kollegen aus Sales und Support. Denn die sprechen meist direkt mit den Kunden und wissen oft viel besser über deren Probleme und Wünsche Bescheid als alle anderen.
Und du wirst oft auch merken: Die Erfahrungen deiner Kollegen sind unterschiedlich, erst in der Summe ergibt sich ein vollständiges Bild.
Versuche daher möglichst aus allen relevanten Abteilungen Kollegen zu einem Persona-Workshop zu versammeln. Ideal sind 5 bis 15 Teilnehmer.
Erstellung von Personas im Workshop
Deine Aufgabe ist es zunächst, alle Teilnehmer schnell auf einen Stand zu bringen. Du präsentierst in diesem Zusammenhang die Ergebnisse deiner Interviews und Umfragen. Davon ausgehend legt ihr am besten gemeinsam in der Runde fest, welche Personas ihr erstellt. Also z. B. eine Persona für die aufstrebende junge Chefin, eine für den alteingesessenen Mitarbeiter und eine für den jungen Berufsanfänger, für den die Familiengründung derzeit mehr im Vordergrund steht als seine Arbeit.
Anschließend kannst du die Arbeit an diesen Personas gruppenweise verteilen, wenn genügend Personen am Workshop teilnehmen. Mindestens 3 Kollegen pro Gruppe sollten es sein. Nach einer Stunde oder zwei trefft ihr euch wieder in großer Runde und jede Gruppe stellt ihre Persona vor.
Dann diskutiert ihr gemeinsam, ob alle Eigenschaften so in Ordnung sind, und nehmt die erforderlichen Änderungen vor.
Am Ende des Tages sind alle zwar erschöpft, aber die wesentliche Arbeit ist getan. Deine Aufgabe besteht dann nur noch darin, die Ergebnisse ansprechend darzustellen. Dazu später noch ein paar Tipps.
Welche Eigenschaften solltest du aufnehmen?
Häufig stellt sich die Frage, welche Eigenschaften man überhaupt für seine Personas aufnehmen sollte. Dies geht auch mit der Frage einher, nach welchen Kriterien diese Eigenschaften voneinander abgegrenzt werden.
Darauf gibt es leider keine korrekte Antwort, denn das ist je nach Projekt sehr unterschiedlich.
Wichtig ist, dass ihr nicht zu viele Eigenschaften bearbeitet. Denke daran: Personas sind ein Werkzeug, um sich schnell einen Überblick zu verschaffen. Je mehr Infos du aufnimmst, desto unübersichtlicher wird es.
Das Minimum-Set setzt sich wie folgt zusammen:
- Name
- Alter
- Beruf
- Familienstand/Wohnsituation
- Wohnort
- Interessen/Hobbys
- Werte/Überzeugungen
Hinzu kommen je nach Produkt Dinge wie:
- technische Fähigkeiten/Umgang mit Programmen
- Medienkonsum
- Kaufverhalten/-gewohnheiten
- bevorzugte Marken
- Stellung im Freundeskreis/Unternehmen (Ratgeber bei bestimmten Themen, Meinungsmacher …)
Richtest du dich an Unternehmenskunden, gilt: Auch im B2B-Bereich müssen Personas ein Privatleben bekommen. Letztlich entscheiden über den Abschluss immer Menschen, auch wenn sie für einen weltumspannenden Konzern einkaufen.
Jede Persona braucht auch ein Foto. Das hilft enorm, sich an die Persona zu erinnern und echte Empathie zu entwickeln. Gemeinsam eines auszusuchen, ist nicht immer leicht, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass auch Fotos, die innerhalb weniger Minuten ausgewählt werden, gut funktionieren. Unser menschliches Hirn funktioniert so, dass wir die Eigenschaften dem Aussehen eines Menschen zuordnen, sogar wenn wir am Anfang meinen, dass das Foto gar nicht so gut passt. Gut ist, wenn das Foto nicht nach Supermodel aussieht. Ein Schnappschuss wirkt meist realistischer und zugänglicher. Fotos von Prominenten sind nicht geeignet – mit denen verbindet jeder im Team etwas anderes.
Wenn du einen Persona-Workshop organisiert, ist es wichtig, dass alle Gruppen wissen, welche Eigenschaften sie festlegen sollen. Darauf einigt ihr euch entweder gemeinsam oder du gibst das bereits von Anfang an vor – je nachdem, wie viel Zeit ihr euch für den Workshop nehmt.
Wie stelle ich die Personas grafisch dar?
Je besser deine Personas aussehen, desto eher werden sie genutzt. Das heißt nicht, dass du Kunstwerke des Grafikdesigns schaffen musst. Du solltest dir nur Mühe geben, die Personas übersichtlich und ansprechend zu gestalten. Je mehr du mit Bildern, Symbolen oder Grafiken arbeiten kannst, desto besser.
Denn die Personas sollen übersichtlich, einprägsam und angenehm sein. Eine allgemeingültige Vorlage dafür gibt es nicht. Aber hier kannst du dir ein Dokument herunterladen, das als Ausgangspunkt für dein Persona-Design dienen kann:
? Download: Persona Vorlage (docx)
Wie heißen gute Personas?
Als Namen wähle ich immer etwas Realistisches. Es sollten auf jeden Fall ernsthafte Namen sein. Hingegen sind Namen wie „Peter Pingel“ oder „Nora Nerv“ tabu. Die Personas sind ja im Entwicklungsprozess diejenigen, für die ihr alle arbeitet – und ihr wollt doch nicht für Unsympathen arbeiten, oder?
„Olli Online“ beispielsweise finde ich persönlich auch nicht besonders gut, weil solche beschreibenden Namen immer etwas albern wirken und dies die Akzeptanz im Unternehmen erschwert. Manche Kollegen argumentieren, dass man sich die Namen so besser merken kann. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich die Kollegen auch nicht-beschreibende Namen in kürzester Zeit merken können.
Ich würde immer auch Vor- und Nachnamen nehmen, einfach, weil die Person damit noch realistischer erscheint.
Wie viele Personas brauche ich?
Halte dein Personal an Personas möglichst schlank. 3 bis 4 Personas sind gut, wenn du mit 2 auskommst, noch besser. Mehr als 5 sollten es auf keinen Fall sein. Denn die Personas sind ja dazu da, deine diversen Zielgruppen übersichtlicher zu gestalten, und das wird umso schwieriger, je mehr Personas du hast.
Auch mehrere große Webshops mit extrem breitem Sortiment und einer entsprechend sehr diversen Kundenschar arbeiten nur mit 3, 4 Personas.
Was macht eine gute Persona aus?
Für eine gute Persona gibt es eigentlich nur zwei Kriterien:
- Sie muss im Kopf des Lesers zum Leben erwachen, wenn er ihre Beschreibung liest.
- Sie muss realistisch sein.
Den ersten Punkt kannst du mühelos überprüfen: Fühlt sich die Beschreibung an, als könne es den Menschen so geben? Hast du das Gefühl, du würdest ihn erkennen, wenn du ihn auf der Straße triffst? Gib die Persona einem unbeteiligten Kollegen und stelle ihm diese Fragen, wenn du dir nicht sicher bist.
Beim zweiten Punkt wird es schwieriger. Um dies zu prüfen, gehst du die Erkenntnisse der Nutzer- und Marktrecherche nochmal durch. Stimmen diese überein mit den Beschreibungen deiner Personas?
Hinterfrage auch nochmal kritisch, ob du dir nicht eine unrealistische Wunsch-Persona erschaffen hast. Ich habe neulich in einem Projekt eine Persona gesehen, die an sich sehr gut ausgearbeitet und perfekt gestaltet war. Willi Winkler, 44, Mitarbeiter im Einkauf eines großen Unternehmens, verheiratet, 2 Kinder. Technikfan, wird von seinen Freunden um Rat gefragt, wenn ein Gerät nicht funktioniert oder ein neues zur Anschaffung ansteht. Nutzt kein drahtloses Musik-Wiedergabesystem wie Sonos, weil er nicht weiß, wie es funktioniert.
Bis zum letzten Punkt war ich überzeugt. Aber dann musste ich schlucken: Technisch interessiert, aber nicht in der Lage bzw. willens, zu verstehen, wie ein Wireless-Lautsprecher funktioniert? Auch ohne Nutzerrecherche würde ich sagen: So eine Person mag es geben. Aber sicher nicht besonders häufig. Daher ist Willi Winkler keine gute Persona. Sorry, Willi.
Du solltest auch keinesfalls Personas nach bestehende Kunden oder realen Menschen modellieren. Denn Personas sollen ja die Eigenschaften von mehreren Menschen in sich vereinen. Außerdem ist dies problematisch, weil deine Kollegen die betreffenden Menschen unterschiedlich gut kennen und vielleicht nicht die identische Meinung über sie haben. Sie haben also nicht die gleiche Persona im Kopf, wenn sie darüber reden. Ist die Persona wirklich fiktiv, haben allen dieselben Infos.
Und außerdem kann es sehr peinlich werden, wenn die entsprechende Person „ihre“ Persona zu sehen bekommen sollte – das fühlt sich ziemlich nach Stalking an und das solltest du auf tunlichst vermeiden.
Personas mit minimalem Aufwand erstellen
Was tun, wenn du allein im Team verantwortlich bist für die UX? Und wenn du es nicht schaffst, ein größeres Budget oder die Zeit der Kollegen für einen Persona-Workshop zu bekommen? Gib nicht auf.
Von den 4 Schritten zur Datenerhebung, die ich dir oben vorgestellt habe, konzentriere dich auf 1. (Marktrecherche, Analyse von Statistiken, Durchführen von Umfragen) und 2. (Nutzer-Interviews, Fokusgruppen, Contextual Inquiries).
Diese Aufgaben kannst du in wenigen Tagen alleine durchführen und hast damit zumindest eine solide Basis. Wenn die Kollegen dann mit deinen Personas arbeiten, werden sie diese auch schätzen lernen. Und beim nächsten Mal kannst du den ganzen Prozess noch etwas professioneller angehen und wirst so immer besser.
Wie kannst du Personas im Arbeitsalltag nutzen?
Deine Personas sind fertig. Gratulation!
Aber was jetzt? Leider machen sie sich nicht von alleine nützlich, sie sind auf deine Unterstützung angewiesen. Du musst die Personas im Team vorstellen. Wenn die Kollegen am Persona-Workshop teilgenommen haben, ist das nicht so schwer. In diesem Fall reicht es, eine Ankündigung per E-Mail, Intranet, Slack o. Ä. zu verschicken und dann beispielsweise Plakate aufzuhängen.
Waren nicht alle dabei, solltest du eine Vorstellungsrunde organisieren. Im einfachsten Fall ist dies eine kurze Präsentation. Zum Abschluss der Präsentation verteilst du dann ansprechende Ausdrucke und/oder Poster, die jeder an seinem eigenen Arbeitsplatz aufhängen kann.
Es gibt sogar Teams, die Aufsteller in Lebensgröße ausdrucken lassen. Auf der Vorderseite ist ein Ganzkörperportrait der Persona abgebildet, auf der Rückseite befindet sich deren Beschreibung. Oder sie hält eine Tafel mit ihrer eigenen Beschreibung in der Hand.
Ich kenne sogar ein Unternehmen, das für jede Persona einen Raum im Büro eingerichtet hat – so, wie beispielsweise das Wohnzimmer oder die Küche der Persona aussehen würde. Dort kann man sich dann hinsetzen und sich buchstäblich in den Alltag der Persona hineinversetzen.
Bei Diskussionen im Team über die Gestaltung, über die Priorisierung von neuen Funktionen oder die Behebung von Bugs solltest du dich in Zukunft möglichst oft auf die Persona beziehen. „Würde Willi Winkler diese Funktion verstehen?“ oder „Erleichtert das Andrea Aufmann die Arbeit?“
Du wirst sehen: Nach einigen Wochen beziehen sich sogar diejenigen Kollegen, die bisher kritisch gegenüber Personas waren, auf deine Personas.
Wichtig ist schließlich noch, dass du dich um deine Personas immer wieder mal kümmern musst. Mindestens alle 1, 2 Jahre solltest du kritisch fragen, ob diese noch aktuell sind. Nutzergewohnheiten könnten sich geändert haben. Aber es könnten sich auch die Zielgruppen deines Produkts oder die Marktsituation geändert haben. Je schnelllebiger deine Branche ist, desto häufiger solltest du deine Personas aktualisieren.
Was können Personas nicht leisten?
Wenn Personas gut aufbereitet sind und auf realen Daten basieren, können sie enorm viel leisten. Allerdings gibt es auch einiges, wofür sie einfach nicht geeignet sind.
Der wichtigste Grundsatz lautet: Personas sind kein Ersatz für die genaue Beschreibung eurer Zielgruppen. Das ist ein Fehler, den einige machen, die aus dem Marketing kommen: Sie denken, man würde einfach jede Zielgruppe durch eine Persona abbilden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Zielgruppen sind abstrakt und umfassend – und du hast meist deutlich mehr Zielgruppen, als man sinnvollerweise Personas anlegen kann.
Zielgruppen sind vor allem wichtig für die Entwicklung der Produktvision, bei der Strategieplanung. In der täglichen Arbeit hingegen sind Personas besonders hilfreich, eben weil sie konkret sind.
Und natürlich können noch so gute Personas Usability-Tests nicht ersetzen. Mit Personas kannst du die Konzeption, Gestaltung und Umsetzung verbessern. Sie helfen dir, die Bedürfnisse, Vorerfahrungen, Probleme und Anforderungen besser zu definieren. Aber ob ihr das auch entsprechend umsetzen konntet, erfahrt ihr nur, wenn ihr mit echten Menschen aus eurer Zielgruppe testet. Bei der Suche nach Probanden helfen die Personas dagegen wieder sehr. Schließlich beschreiben die Personas genau, wen ihr für eure Nutzertests braucht.
Fazit: Personas sind wunderbar, wenn man sie wissenschaftlich macht
Ohne Personas zu konzipieren, zu gestalten oder zu entwickeln heißt, im Dunkeln zu tappen. Je besser du deine Nutzer kennst, desto besser wird dein Produkt. Daher helfen Personas allen im Team, ihre Arbeit auf die Nutzer auszurichten. Die nutzerzentrierte Entwicklung profitiert somit ungemein von Personas.
Du musst nur darauf achten, dass deine Personas wirklich realistisch sind. Personas zu erfinden heißt, im Wunschland leben. Dann kannst du zwar sehr gut für diese Personas entwickeln – wenn sie allerdings unrealistisch sind, werden die echten Menschen euer Produkt auch nicht verstehen/nutzen/kaufen.
Bilden aber Daten und echte Erkenntnisse über eure Nutzer die Basis, spricht alles dafür, Personas für dein aktuelles Projekt zu entwickeln – oder die vorhandenen mal wieder zu aktualisieren. Damit dir der Einstieg leichtfällt, lade dir am besten gleich die Persona-Vorlage kostenlos herunter: